Der Roma-Schriftsteller Jovan Nikolic hat für den Rom e.V. Köln die sog. Kulturkarawane initiiert.

Er hat ein umfassendes Themenangebot zur Kultur und Geschichte der Minderheit ausgearbeitet. Jovan Nikolic bietet Schulen, Uni-Seminaren, Volkshochschulen und anderen Bildungsträgern Vorträge und Seminare zu diesen Themen an sowie Lesungen aus seinen Werken: Kurzgeschichten und Lyrik. Für Schüler hat er einen Kulturkoffer im Gepäck, der vielfältiges Anschauungsmaterial enthält.kulturkarawane

Buchung der Veranstaltungen:

Kulturmanagement des ROM e.V.
Venloer Wall 17
50672 Köln

Tel 355 8174

Themen  der Kulturkarawane für Vorträge, Seminare und Projekte

  • Woher die Roma kommen
  • Namen für die Minderheit und die Vielzahl der Gruppen
  • Was die Roma glauben: Religion und Mythos, Rituale und Traditionen
  • Die Sprache der Roma (Ergebnisse der Linguistik)
  • Handwerke und andere Berufe der Roma
  • Diskriminierung und Verfolgung in Geschichte und Gegenwart
  • Roma Literatur
  • Roma Musik und Tanz
  • Bildende Kunst der Roma
  • Filme von Roma-Regisseuren und das Bild der „Zigeuner“ im Film
  • Das Bild der Roma in der europäischen Literatur und Kunstgeschichte
  • Die Situation in den Herkunftsländern der Roma- Flüchtlinge
  • Emanzipation: der Kampf der Roma für gesellschaftliche und politische Gleichberechtigung
  • Schule und Bildung für Roma. Kinder
  • Deutsche Sinti und Roma
  • Struktur von Familien und Stämmen (Männer/Frauen, Rolle der Alten, Rechtsprechung/“Kris“, Reinheit/Unreinheit, Tabus…
  • Erfolgreiche Roma in Politik, Staatsdienst, Sport, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Kunst und in den Selbstorganisationen.
  • Theater der Roma in Europa
  • Schausteller,Gaukler,Zirkus
  • Traditionelle Küche der Roma
  • Traditionelle Medizin
  • Stadtführung: Geschichte der Zigeuner in Köln und ihre Schauplätze
  • Roma-Migration von der Ankunft in Europa im 14 Jh. bis zu Fluchtbewegungen und Arbeits -migration heute
  • Antiziganismus
  • Literatur und andere Medien zu Geschichte und Kultur der Roma

Kurse und andere Angebote:

  1. Roma-Kochkurs
  2. Romatänze
  3. Romanes Sprachkurs
  4. Stadtführung: Verfolgung der „Zigeuner“ in Köln
  5. Lesungen mit Roma-Schriftstellern

 

Erläuterungen zu den Themen der  KARAWANE

1. Woher die Roma kommen: Herkunft und Geschichte der Roma

Die Roma entstammen ethnischen Gruppen, die vor dem Jahr 1000 u.Z. im Norden und Nordwesten Indiens, vor allem im Gebiet des heutigen Delhi, Rajasthan und Punjab siedelten. In letzterem  soll es sogar ein Königreich der Roma gegeben haben, Auch in Gebieten des heutigen Pakistan gab es Roma-Stämme, ebenso wie in der Provinz  Sindh. [R1] Überfälle und Eroberungszüge muslimischer arabischer Stämme und der Türken (Seldschuken) verursachten eine Massenflucht von Roma in den Westen, nach Iran, Ägypten, Syrien, in die Türkei, wobei sie sich in diesen Ländern jeweils länger aufhalten konnten. Im 14. Jahrhundert gelangten sie über den Bosporus nach Griechenland, Albanien, Bulgarien, Serbien, Rumänien bzw. durch die Republik Moldau nach Russland. Der zweite Teil der Roma-Gruppen zog über Ägypten ins Maghreb und dann über Gibraltar nach Portugal, Spanien und Südfrankreich.  Heute leben über 13 Millionen Roma in der Welt – viele sind von Europa aus nach Süd- und Nordamerika und nach Australien gelangt. Die Roma gehören überall zahlreichen verschiedenen „Stämmen“ an, die sich zudem durch Religion, Dialekte und Berufe unterscheiden.
 

2. Namen für die Minderheit und die Vielzahl der Stämme

Meist kennt man in Deutschland neben dem Wort „Zigeuner“ nur die Doppelbezeichnung Sinti und Roma. Es gibt freilich Hunderte von Namen, je nachdem ob man Fremd- oder Eigenbezeichnungen meint oder die vielen Namen der einzelnen Stämme (s. Punkt 3) und historische Benennungen einbezieht . Die Worte Zigeuner, Zingaro, Cigan, Tigani sind abgeleitet vom griechischen Wort Athinganoi („ Die Unberührbaren“) [R3] Die Namen Gypsy, Gitanos, Gitans, Gyptos kommen von dem Wort „Egyptianos“ und sind aufgrund des Vorurteils entstanden, dass Roma aus Ägypten gekommen seien. In Frankreich wurden sie Bohémiens und Saracens genannt. In Afghanistan heißen sie Nuri, in Iran Lurie, und in der Türkei Chingeni oder Kipti. In deutschen Urkunden werden sie auch „Heiden“ oder „Tattern“ genannt. Der Name Rom  kommt nach Ansicht des bekannten Romologen Paspati von einer Inkarnation des Hindu-Gottes Vischnu. Rom bezeichnet zudem in der Roma Sprache Mann bzw. Ehemann mit der neueren Nebenbedeutung „Mensch“ (ähnlich „man“ im Englischen). „Manouches“ nennen sich die Zigeuner in Frankreich (vom Sanskrit-Wort “Manus“), von ihm stammt in der Tat unser Wort „Mensch“ ab. Die Bezeichnung „Sinti“ geht, so glaubt man, auf den Namen des Gebietes zurück aus dem viele Zigeuner stammen: die Provinz Sindh in Pakistan. Die meisten Roma lehnen Fremdbezeichnungen ab, daher ist es sinnvoll, sie selbst zu fragen, wie sie genannt werden wollen. Der Rom e.V. hat sich der Sprachregelung der Welt-Roma-Union und  des Europarates angeschlossen, die den Begriff „Roma“ als politische Allgemeinbezeichnung für alle unterschiedlichen Gruppen gewählt haben, ohne deren Eigenständigkeit zu leugnen. Normalerweise geht man davon aus, dass „Zigeuner“ (Roma, Gypsies, Sinti etc)  ein „Volk“ bzw. eine sog. „Ethnie“ sind. In der Realität gibt es zahllose Gruppen, die unter diesem Namen, meist von Außenstehenden  subsumiert werden. Meist fühlen sich einzelne Familien der so Bezeichneten nur ganz bestimmten Gruppen bzw. sog. Stämmen zugehörig. So gibt es: Bojaschi, Chergara, Gurbeti, Džambas, Erlije, Kale, Kalderaschi, Laleri, Lejascha, Lautaro, Lovara, Manuscha, Romanichal, Lingurari, Sinti, Thamari, Ursari, Xoraxane, Aschkali, Ägypter usw. Sie legen auf ihre Unabhängigkeit Wert, leiten sich von bestimmten Ahnen ab, definieren sich über das von den Ihren seit alters ausgeübte Handwerk, sprechen je eigene Dialekte, heiraten in der Regel meist untereinander und betonen oft ihre höhere Stellung gegenüber den anderen Gruppen. („das sind gar keine echten Zigeuner!“) Dazu kommen heute noch die unterschiedlichen von der Mehrheitsgesellschaft  übernommenen Religionen, die verschiedenen Staatsangehörigkeiten und der unterschiedliche Grad der Assimilierung und Individualisierung.  Ob „Jenische“ oder „Ägypter“ zu den Zigeunern zählen ist umstritten, obwohl die Mehrheit sie oft als solche bezeichnet.

3. Was die Roma glauben: Religion und Mythos, die Rituale und die Tradition

Roma haben oft keine konfessionelle Identität d.h. formelle Kirchen- zugehörigkeit. Durch Migration und Aufenthaltszeiten in verschiedenen Ländern und Kulturen, haben sie sich allerdings angepasst an die jeweilige Religion der Mehrheit der Bevölkerung. Sie nehmen teil an Riten, Feiertagen von Katholiken oder Muslimen (Sunniten und Schiiten) von Orthodoxen, Lutheranern und neuerdings verstärkt an den Missionen evangelikaler Kirchen. Auch bestimmte Formen sehr alter religiöser Überzeugungen sind bis heute erhalten. Etwa im Kult der indischen Göttin Kali, die in Serbien Bibijaka heißt. Oder  in der Verehrung der Schwarzen Sarah (Sara Kali) in Les Saintes Maries de la Mer (Frankreich), oder der Sainte Anne de Baupre in Quebec (Kanada). In den slawischen-orthodoxen  Gebieten feiern sie Djurdjevdan (Ederlezi, Sankt Georgs-Tag), Ilindan, Ostern (Patradji) und St. Vasilica (Neues Jahr). Die Roma muslimischer Religion begehen die Feste Abijav, Alidjun (Ilindan), Ramadan und Bajram. Im katholischen Raum sind Wallfahrten besonders zu Marienheiligtümern bei Zigeunern sehr beliebt, auch muslimische Roma beteiligen sich.  Bei einigen Roma ist der Glaube an magische Dinge noch lebendig, den sie vermutlich  auch aus Indien mitbrachten. Bekannt sind ja der  „Blick in die Zukunft“ mit Hilfe von Tarotkarten, Handlesen, Kaffeesatzdeuten und das sog. Drabaripe. Sehr bewandert sind auch heute noch viele Roma Frauen in Heilwissen und Kräuterkunde. Auch Fetische spielen teilweise noch eine Rolle, insbesondere Pflanzen- und Tierteile, die als Amulett und Talisman verwandt werden. Verbreitet ist die Angst vor dem Wasser und vor allem vor Vampiren  (Chohano) (!)[R2] .  Es werden auch immer noch alte Rituale bei Geburt, Heirat, Tod und Begräbnis praktiziert. Zentral ist die Beschwörung des „Mulo“ (Geist des Verstorbenen), dieser gilt oft als gefährlich und rachsüchtig, solange er von etwas ihm Vertrauten in die Wohnung zurückgelockt wird: deswegen werden oft noch das Bettzeugs des Verstorbenen und andere persönliche Gegenstände verbrannt. Manchmal sogar der ganze Wohnwagen, falls noch in Gebrauch.

4. Die Sprache der Roma

Das Romanes (Romani Chib) wird als Sprache der Roma und Sinti bezeichnet. Trotz der unterschiedlichen Gruppen, die sich oft nicht verstehen, enthalten die Dialekte letztlich Grundelemente des Sanskrits, sind also Varianten des Indogermanischen bzw. des  Indoarabischen. – auch wenn es nur knapp 800 Worte und einige grammatische Strukturen. mit solchen Wurzeln gibt. Die von Linguisten rekonstruierte Grammatik des Romanes ist dennoch differenziert und hat z.B. 8 Fälle[R4]  und 5 Zeiten. Um die Verständigung unter den Roma zu verbessern beauftragte der 4. Weltkongress der Romani Union (1990) eine internationale Arbeitsgruppe von Linguisten, Vorschläge für die Standardisierung des Alphabetes und der Sprache zu unterbreiten. Inzwischen gibt es viele relevante Bücher über die Roma-Sprache und Grammatik. Diese Sprache wird bereits unterrichtet und zwar an den Universitäten in Prag, Nitra, Paris und Bukarest. Bekannte Roma Linguisten sind Rade Uhlik (Bosnien) Dr.Rajko Djuric (Serbia), Dr. Marcel Courtiades (Frankreich), Gheorgiu Sarau (Rumänien), Ian Hankock  (USA,Texas).Man muss allerdings auch wissen, dass Millionen von Roma kein Romanes mehr sprechen, entweder weil es ihnen von der Staatsgewalt schon vor hunderten Jahren mit harten Strafenandrohungen verboten wurde oder weil Akkulturationsprozesse besonders bei jungen Leuten zum Sprachverlust führten.

5. Handwerke und andere Berufe der Roma

Die Roma-Gruppen definieren sich meist über die traditionell ausgeübten Handwerke (s.o.). So gab es Schmiede, Kesselmacher, Bauern (!), Musiker, Tänzer, Zirkus Artisten, Pferdehändler (Džambas)  Messerschleifer und Werkzeugmacher, Trogmacher, Siebmacher, Bärenführer, Ambrelisten (Regenschirmreparateur),  Federsammler, Schuhputzer, Schrottsammler (Recycling) d.h. Verwerter von Abfällen (Metalle, Holz, Glas, Papier, Möbel, Zeug).Als normales Gewerbe galt den Roma auch Betteln und Wahrsagen, meist von Frauen ausgeübt. Die meisten der o.g. Handwerke werden mit der industriellen Massenfertigung, vor allem von Kunststoffprodukten, oder aber wegen der behördlichen Schikanen gegen das Reisegewerbe nur noch selten ausgeübt. Immer mehr Roma sind deswegen – sofern sie Arbeit finden – als Fabrik-Arbeiter und modernere Handwerker (Maurer, Schreiner, Elektriker etc.), kleine Geschäftsleute und Händler tätig; besonders in Südosteuropa und Spanien sind viele Roma in Verwaltungsjobs (auch Polizei) und in akademischen Berufen tätig. In Serbien gibt es derzeit fast 5000 Studenten aus Roma Familien.

6. Diskriminierung und Verfolgung

Seit ihrer Ankunft in Europa ab ca. 1400 wurden „Zigeuner“ Opfer von negativen Vorurteilen, die sich zum einem regelrechten System von Zuschreibungen entwickelten, das man analog zum Antisemitismus auch Antiziganismus nennt. Man unterstellte den Zigeunern Spionage, Zauberei, Diebstahl, Kinderhandel, Kannibalismus Seuchenverbreitung usw. Das führte zu immer schlimmeren Ausgrenzungen und Verfolgungen. In Rumänien lebten sie von 1400 bis 1891 als Leibeigene von Großgrundbesitzern und Klöstern, in Spanien wurden sie Opfer der Inquisition und später des Franco-Regimes, in deutschen Ländern wurden sie in 148 Edikten zwischen 1500 und 1800 als vogelfrei erklärt, die ihre Vertreibung und Ermordung legitimierte. Im geeinten Deutschland wurden sie seit Ende des 19 Jhs. von der Polizei systematisch erfasst und ihre Niederlassung. behindert. Schließlich fand die jahrhundertelange Verfolgung und ihre neuerliche Definition als fremde, minderwertige Rasse durch die Eugenik ihren Höhepunkt in der Deportation und[R5]  Vernichtung von Hunderttausenden europäischer Zigeuner durch den Nazismus. Am 20.Mai 1940 Wurden tausend Sinti und Roma aus Köln in Lager nach Polen deportiert.

7. Roma Literatur

Bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es „Literatur“ der Roma nur als mündliche Überlieferung. Sie lebt bis heute fort in Liedern (auch Einschlafliedern) Balladen, Gebeten, Märchen, Schwänken und Witzen, Gedichten (Paramici) und Rätseln (Xoxavne, Garadine Álava). Mittlerweile gibt es eine reiche Roma Literatur: Romane, Autobiographien, Lyrik, Liedtexte, Theaterstücke, Film-Drehbücher und vor allem die zahllosen Zeitschriften sowie Websites, die von Roma Vereinen, Publizisten und Politikern der Minderheit von Norwegen bis nach Australien verfasst werden. Bekannte Roma Schriftsteller sind u.a.: Bronislaw Wajs Papuscha 1909-1987, Rom Lebedev1903-1989, Gina Ranjicic, Mateo Maximof 1917-1985, Slobodan Berberski, Rajko Djuric, Jovan Nikolic, Ruzdija Sejdovic, Ali Krasniqi, Dezider Bang, Mariela Mehr, Bari Karoly, Philomena Franz, Veijo Baltzar, Ceia Stojko , Ilija Jovanovic, Monika Kalanyu.

8. Roma Musik und Tanz

Die Roma-Musik hat ihre Wurzeln zweifellos in Indien.
In iranischen Dokumenten des 3. Jahrhundert ist z.B. von Tausenden indischer Musikanten, die Rede, die vermutlich Roma waren. Zwar nehmen die Roma auf ihrem langen Weg nach Europa Musikstile anderer Völker auf und verwandeln sie sich an. [R6] [R7] Rhythmische und melodische Elemente wie etwa die sog. Zigeunertonleiter: CD-ES-F-G-AS-HC  (Zigeuner-Moll) werden beibehalten. Dennoch sind die bekanntesten Zigeuner Musikstile (Flamenco, Swing und Balkanbrass) deutlich zu unterscheiden. Viele  Komponisten wie etwa Liszt sind von der Roma Musik beeinflusst worden. In Europa gibt es tausende von Zigeunerbands.

9. Bildende Kunst

Unter einfachen Roma war die Laienmalerei immer sehr beliebt, etwa im Stil der Balkan Bauernmalerei. Seit einigen Jahrzehnten konnten einzelne Laienmaler auch gesellschaftliche Anerkennung finden, vor allem in Ungarn. Heute gibt es in allen Ländern prominente Roma Künstler. Auf der Biennale in Venedig 2007 wurden einige auch der internationalen Kunstszene präsentiert. In der BRD fanden mittlerweile viele Ausstellungen statt an denen auch Roma Künstler beteiligt waren, so in Köln Anfang 2009.

10. Filme von Roma Regisseuren und das Bild der „Zigeuner“ im Film

Roma sind inzwischen auch Filmemacher bzw. wirken als Autoren, Schauspieler und Berater bei Filmprojekten mit, z.B. bei Emir Kustorica. Als Journalisten erstellen sie auch TV- Beiträge. Am bekanntesten ist der Regisseur Tony Gatlif, der aus Algerien stammt und in Paris lebt, mit Filmen wie Gadjo Dilo, Wengo, Latcho Drom.

11. Das Bild der Roma in der europäischen Literatur und Kunstgeschichte

Unsere Köpfe sind voll von Klischees und Vorurteilen über die „Zigeuner“. Massive Spuren hat vor allem die populäre Ikonographie hinterlassen, gemeinhin als Zigeuner-Kitsch bekannt – verstärkt oft von diskriminierenden Berichten und Illustrationen der Massenmedien. Aber auch in der europäischen Malerei wird ein Bild vom „fahrenden Volk“ tradiert, das diese Menschen als Projektionsfläche von Ängsten, Sehnsüchten, Exotismen und anderen skurrilen Phantasien nutzt bzw. benutzt. Allerdings zeigen große Maler wie etwa H. Bosch oder Gillis Mostaert auch großes Einfühlungsvermögen. Manche moderne  Künstler wie der Düsseldorfer Pankok nähern sich in ihrem Werk dem realen Menschsein der Sinti und Roma auf dem Hintergrund ihres Verfolgungsschicksals. Auch in der Literatur ließen sich viele Autoren vom Leben der Zigeuner oder was sie dafür hielten, inspirieren; so Cervantes, Goethe, Puschkin, Lorca und Apollinaire

12. Die Situation  in den Herkunftsländern der Roma Flüchtlinge

Tausende Roma sind seit Mitte der achtziger Jahre vor den Bürgerkriegen und vor rassistischer Repression bzw. ethnischer Säuberung aus Süd-Osteuropa geflohen. Auch wenn die militärische Bedrohung nicht mehr besteht, so leben die Roma dort immer noch in katastrophaler Armut, ohne Arbeit, ohne Sozialunterstützung und gesundheitlicher Versorgung, meist in Slums, ja auf Müllhalden. Dazu kommen noch alltägliche Diskriminierungen. Besonders schlimm ist die Lage im Kosovo, in Serbien und in Bosnien. In anderen Staaten kommt zur wirtschaftlichen Ausgrenzung eine zunehmende Aggression durch rassistische Gruppen wie die neofaschistische „Jobbik Partei“ in Ungarn oder durch Skinheadbanden in der Slowakei und in Tschechien. Fast überall werden Roma Kinder aus der Regelschule ferngehalten und in Sonderklassen bzw. -schulen unterrichtet.
In Westeuropa hat vor allem Italien zahlreiche Schikanen gegen Roma Flüchtlinge beschlossen und in mehreren Großstädten haben die rassistischen Ausfälle der Berlusconi Behörden die Bevölkerung zu Angriffen, ja zu Brandschatzungen von Roma Siedlungen und Unterkünften animiert. In Deutschland ist selbst für Roma Familien mit Bleiberecht die Wohn- und Arbeitssituation extrem schwierig. Das Hauptinteresse der meisten Politiker und Behörden ist die möglichst schnelle Abschiebung der Roma Flüchtlinge.

13. Emanzipation: der Kampf der Roma für gesellschaftliche und politische Gleichberechtigung

In den Ländern Südosteuropas entstand schon lange vor den jüngsten Verfolgungen eine erste Roma „Elite“, es wurden nationale und kulturelle Vereinigungen geschaffen. Seit den 70er Jahren gründeten sich auch in Westeuropa Roma Vereine und internationale Roma Organisationen.
Der 1. Roma Weltkongress fand im Jahre 1971 in London statt. Die Roma  Führer kamen zu der Schlussfolgerung, dass die Roma weltweit ihre Emanzipation selbst organisieren müssen im Kampf um ihr nationales Selbstbewusstsein. Der Name „Zigeuner“ wurde durch „Roma“ als offizielle Bezeichnung ersetzt. Zur offiziellen Hymne wurde das Lied “ Djelem, Djelem“ erklärt, die Roma Flagge wurde zweifarbig, grün und blau mit einem roten Rad in der Mitte.
Mehrere Roma und Sinti Organisationen sind zur Zeit europaweit aktiv: Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, die Roma und Cinti Union aus Hamburg (RCU), das Europeen Roma and Traveller Forum (ERTF), die „European Roma Information Center“ (ERIO) ,Die Soros Fondation unterstützt die Arbeit des „Europeen Roma Right Center“ (ERRC) und des „Open Society Instituts“, beide in Budapest ansässig. Auch in der Medienwelt werden immer mehr Programme, Redaktionen, TV Stationen und Internetseiten von Roma-Journalisten betrieben, z.T. auch in Romanes.

Zu den Themen  1-25 und zu den Kursen 1-5 folgen  detaillierte Inhaltsangaben.