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Presseerklärung zum 16.12.1942

By 16. Dezember 2019Aktuelles, Presse

Presseerklärung zum 16.12.1942
Ein Ende des Antiziganismus ist nicht absehbar!

Der Rom e. V. Köln erinnert an den Auschwitzerlass vor 77 Jahren und fordert den Schutz der Minderheiten im Land und die Einhaltung der Menschenrechte.

Vor 77 Jahren, am 16. Dezember 1942, unterzeichnete Himmler den sogenannten „Auschwitz-Erlass“. Für Rosa Demetri aus dem Kleinen Griechenmarkt 50 hieß das Anfang März 1943, sie würde „umgesiedelt“ werden. Sie war 61, nun sollte sie packen, das Nötigste, Handgepäck. Was in der Wohnung zurückblieb, kam auf eine Liste, damit es anschließend enteignet und an die „deutsche Volksgemeinschaft“ verteilt werden konnte. Sie sei, hatte ein Aussonderungsinstitut in Berlin festgelegt, eine „Gelderari“ und „Zigeunerin (Róm aus Ungarn)“. Der Zug, in dem sie in den frühen Morgenstunden gemeinsam mit einer großen Zahl weiterer als „Zigeuner“ oder „Zigeuner-Mischling“ eingestufter Kölner saß, brachte sie nach Auschwitz- Birkenau. Das war ein Vernichtungslager. Dort verzeichnete die Lagerbürokratie für den 13. August 1943 ihren Tod.

Der Jahrestag des Auschwitz-Erlasses ist dem Rom e. V. Anlass, an diese Geschichte zu erinnern. Rosa Demetri war eine von etwa 23.000 nach Auschwitz Deportierten aus der Roma-Minderheit. Es überlebten dort nur wenige. Und Auschwitz war nicht der einzige Ort der Vernichtung. Ein Vielfaches dieser Zahl wäre zu nennen für die Gesamtheit der europäischen Roma-Minderheit, denn die Massenverbrechen der Nazis ereigneten sich überall in Europa, wo sie das Sagen hatten. Ihr Ziel war die genozidale Auslöschung der Minderheit, wie es das Ziel der nazistischen Verbrechen an der jüdischen Minderheit war.

Warum ist es wichtig, auf den 16. Dezember 1942 zurückzuverweisen? Immer noch? Um es mit den Worten des Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma zu sagen: weil „Phänomene wie Antisemitismus und Antiziganismus unvermindert eine Gefahr darstellen“. Das muss nicht lange begründet werden. Völkisch-rassistische Konzepte haben Konjunktur und führen eine Partei, die sich ihnen verschrieben hat, zu Erfolgen. Die Übergänge nach weit rechts außen und bis in die Bereitschaft zum offenen Verbrechen sind dabei fließend. Dafür stehen die Mordserie der Zwickauer Killerzelle oder der erst kürzlich geschehenen Mord an Walter Lübcke oder die Morde an zwei Menschen vor der Synagoge in Halle.
Ein besonderes Augenmerk, so Rose, müsse „der schleichenden, jenseits öffentlicher Wahrnehmung erfolgenden Aushöhlung“ einer liberalen, offenen, integrativen und an den Menschenrechten orientierten Haltung „durch Rechtsradikale und deren intellektuelle Vordenker“ gelten. Dem kann der Rom e. V. sich nur anschließen, weil er in seiner alltäglichen Arbeit mit und für osteuropäische Roma immer wieder mit diesen Versuchen einer „Aushöhlung“ konfrontiert wird.

Der 16. Dezember ist für uns Anlass, an alle gesellschaftlichen Kräfte zu appellieren, deutlich gegen Fremdenfeindlichkeit jeder Art Stellung zu beziehen und der verlockenden Möglichkeit nicht zu verfallen, das Repertoire der Ressentiments zu bedienen, so dass derartige Ideen in der gesellschaftlichen Mitte an Akzeptanz gewinnen können.

Dr. Ulrich Opfermann für den Rom e. V.

Pressemitteilung 16.12.2019