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Pressemitteilung: 90. Jahrestag der Bücherverbrennung

By 16. Mai 2023Mai 18th, 2023Allgemein

Musketiere mit spitzer Feder – „Lafi tari Jak – Wort aus Asche“

Am 10.05.2023 beteiligte sich der Rom e. V. mit einer eigenen Veranstaltung am Gedenken „verbrannt & verbannt“ zum 90. Jahrestag der Bücherverbrennung. Die beteiligten Autoren Jovan Nikolic, Nedjo Osman und Ruzdija Sejdovic wissen, was Unfreiheit ist und welche Wirkung Bücherverbrennungen haben.

 

Köln, 15.05.2023: Die Bücherverbrennungen von 1933 waren das Ende von Demokratie und Freiheit in Deutschland. Sie lösten unter anderem eine massenhafte Fluchtbewegung weg aus Deutschland in die ganze Welt aus, anders als heute, in die umgekehrte Richtung. Heute leben wir wieder in einer Demokratie mit einer freiheitlichen Verfassung. Menschenwürde und das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit muss aber für Alle im Land gelten. Ein nicht richtiger oder fehlender Pass darf kein unüberwindliches Hindernis sein auf der Suche nach Sicherheit und einem menschenwürdigen Dasein.

Es lasen die seit langem in Köln lebenden Autoren Jovan Nikolic aus Serbien, Nedjo Osman aus Mazedonien und Ruzdija Sejdovic aus Montenegro. Sie sind dem Rom e.V. seit langem auf unterschiedliche Art und Weise verbunden. Sie wissen, was Unfreiheit ist, sie haben Migration und einen Neuanfang in Köln unter schwierigen Bedingungen auf sich genommen. Sie schreiben – und nicht nur darüber. Den musikalischen Rahmen übernahmen Miki und Kristijan Jankovic, Vater und Sohn aus Serbien.

Zum Thema boten die Autoren eine überraschende Vielfalt. Jovan Nikolic setzte sich in seinem Essay „Brennen Manuskripte wirklich“ mit den, seit der Antike bekannten, bis heute immer wieder stattfindenden Bücherverbrennungen auseinander. Man ließ keineswegs nur in autoritären Systemen Bücher verbrennen, Autor:innen selbst verbrannten ihre Werke, manche schrieben sie nach Jahren neu, andere beließen es dabei und schrieben neue Texte.

Was treibt eine/n Autor:in das eigene Werk zu verbrennen? Es bleibt zum großen Teil ein Geheimnis. Was treibt einen Herrscher oder eine Gesellschaft Bücher zu verbrennen? Es ist wohl die Angst vor dem freien Wort, vor dem realen oder herbeiphantasierten Aufstand, der die Herrschaft gefährden, der ein Feuer des Widerstands entfachen könnte. Also verbrennt man lieber die Bücher?

Nedjo Osman, Schauspieler und Autor, las Monologe, u. a. einen Brief aus der Todeszelle aus dem Theaterstück „Mit eigener Stimme“, welches vom TKO (Theater Kokotovic-Osman) am 20.11.2019 im NS-Dokumentationszentrum in Köln uraufgeführt wurde. Danach las er eigene Gedichte, lebendig und berührend. Er spricht in seiner Lyrik häufig über die Seele seines Volkes, die von den bitteren Lehren der Geschichte gezeichnet ist. Ruzdija Sejdovic las seinen Prosatext „Asche von Gedanken, die nicht einmal geschrieben werden konnten.“

Jovan Nikolic, Foto Bruno Neurath-Wilson
Nedjo Osman, Foto Bruno Neurath-Wilson
Ruždija Sejdović, Foto Bruno Neurath-Wilson

Es waren sehr poetische und witzige Gedanken zu dem, was man alles mit Büchern und leeren Schreibheften anfangen kann. Sie wärmen eben nicht nur das Herz. Sie wärmen zur Not Füße, Hände, Rücken und Bauch (auch). Dabei kann man noch „sinnieren“, was aus den verbrannten Buchstaben wohl wird, wo landen sie, was bewirken sie? Und erst einmal die verbrannten leeren Schreibhefte! Was wird aus den nie aufgeschriebenen Buchstaben, Wörtern und Gedanken?

Während des Abends entstand eine spürbare gute Verbindung zwischen den Autoren – den

„Musketieren mit spitzer Feder“, wie sie Jovan Nikolic nannte – und ihrem Publikum. Diese Stimmung ließ sicher einige beschwingt nach Hause gehen. Dazu hat auch die Musik der Familie Jankovic beigetragen, die zwischen den Texten mal melancholisch, mal fröhlich das Geschehen des Abends sensibel unterstrich. Herzlicher Dank an dieser Stelle an die Bilz-Stiftung, ohne deren Unterstützung die Veranstaltung nicht stattgefunden hätte.

Über den Rom e.V.

Der Rom e.V. arbeitet seit über 30 Jahren als interkultureller, gemeinnütziger Verein für die Verständigung von Rom:nja/Sinti:ze und der Mehrheitsgesellschaft. Ziel ist die umfassende Teilhabe von Rom:nja und Sinti:ze. Neben dem Archiv und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Kultur der Roma als Teil des Projektes RomBuK (Bildung und Kultur im Rom e.V.), betreiben wir eine Sozial-, Geflüchteten- und Integrationsberatungsstelle, eine Integrationsagentur, ein Interkulturelles Zentrum, eine KiTa mit Familienzentrum und mehrere pädagogische Projekte, unter anderem Amaro Kher.

Pressekontakt:

Marion Krämer, Geschäftsführung

Tel: 0221-2786075, Mail: marion.kraemer@romev.de

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