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Presseerklärung des Rom e.V. zur Beschwerde gegen diskriminierende Berichterstattung im „Kölner Stadt-Anzeiger“

Köln, 24.01.2025: Der Verein Rom e.V. hat eine Beschwerde beim Deutschen Presserat gegen den Artikel „Stadtbezirk droht zu kippen. So funktioniert der Drogenhandel in Kalk – Ermittler berichten“ im Kölner Stadt-Anzeiger vom 14.12.2024 eingereicht. Die detaillierte Beschwerde finden Sie hier.

Der Artikel enthält zahlreiche diskriminierende und stigmatisierende Darstellungen gegenüber Rom:nja und Sinti:ze und anderen Gruppen, die eindeutig gegen Ziffer 12 des Pressekodexes verstoßen. Ziffer 12 des Pressekodexes soll vor Diskriminierungen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen oder sozialen Gruppe schützen. In den Leitsätzen zur Richtlinie 12 des Pressekodexes in Bezug auf die Herkunftsnennung von Straftäter:innen heißt es:

„In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“

In der Berichterstattung über die geschilderten Straftaten in Köln ist die Nennung der Herkunft der Tatverdächtigen irrevalent für die Taten selbst. Sie trägt lediglich dazu bei, die gesellschaftspolitische Debatte in Bezug auf Migration anzuheizen.

Insbesondere in der Darstellung von Rom:nja knüpfen die Autoren an eine lange Unrechtstradition an: Mit der Herkunftsnennung werden Angehörige der Community und ihre Familien im Artikel pauschal als kriminell dargestellt. Dabei wird impliziert, dass Kriminalität auf familiären Strukturen bzw. ethnischer Zugehörigkeit basiert, was diskriminierend ist. Solche Begrifflichkeiten lenken von der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit ab. In der öffentlichen Wahrnehmung werden aber alle Angehörigen solcher Gruppen unter Generalverdacht gestellt, was mit einer sachlichen und verantwortungsvollen Berichterstattung nicht vereinbar ist. Darüber hinaus wurden Rom:nja bereits vor sowie während des NS als kriminell stigmatisiert, systematisch verfolgt, erfasst und ermordet. Nach 1945 führte die Polizei diese Unrechtstradition mit NS-Akten weiter fort. Solche Stereotype heute journalistisch zu reproduzieren, verstößt gegen grundlegende Prinzipien des Minderheitenschutzes und trägt dazu bei, rassistische Denkmuster aufrecht zu erhalten.

„Diskriminierende Berichterstattung hat weitreichende Folgen – sie schadet nicht nur dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern wirkt sich auch negativ auf das Selbstbild und das Leben der Betroffenen aus. Vor allem Kinder und Jugendliche wachsen in dem Bewusstsein auf, dass ihre ethnische Herkunft oder ihr sozialer Hintergrund sie pauschal unter Verdacht stellt“, betont Ruždija Sejdović, erster Sprecher des Rom e.V.

Der Rom e.V. fordert eine verantwortungsvolle und sachliche Berichterstattung, die keine diskriminierenden Narrative reproduziert. Gerade in der aktuellen politischen Lage, in der rechte Ideologien zunehmend salonfähig werden, tragen Medien eine besondere Verantwortung, Hass und Vorurteile nicht weiter zu befeuern. Der Verein erwartet vom Deutschen Presserat eine klare Stellungnahme zu diesem Artikel und ruft Journalist:innen dazu auf, ihrer Rolle als Vermittler:innen einer differenzierten, diskriminierungsfreien und faktenbasierten Berichterstattung gerecht zu werden.

 

Für weitere Informationen oder ein Interview stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Kontakt: Ruždija Sejdović, 1. Sprecher, Tel: 0176 20098466, E-Mail: ruzdija.sejdovic@romev.de