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Aktuelles

Armutsflüchtling unser Vorschlag zum Unwort des Jahres 2014

By Aktuelles

Flüchtlinge in Köln und anderswo in unserem Land leben vielfach unter erbärmlichen Bedingungen: unterhalb der Armutsgrenze, ghettoisiert, traumatisiert, oft ohne Zugang zu Bildung, zum Arbeitsmarkt, zum Gesundheitswesen, bedroht von Abschiebung, ohne Garantie auf menschenwürdige und respektvolle Behandlung durch die Vertreter von Behörden oder Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft.

Die Roma, seien es Flüchtlinge oder Zuwanderer aus Südost- und Osteuropa, trifft das in besonderer Weise. Denn der öffentliche Diskurs in Politik und Medien stellt sie – anders als Flüchtlinge aus Krisen- und Kriegsgebieten – unter den generellen Verdacht, den Sozialstaat auszubeuten und schafft Hierarchien unter den Flüchtlingsgruppen.

Dazu gehört die aktuelle Entscheidung der Bundesregierung per Staatvertrag die Länder Mazedonien, Serbien, Bosnien Herzegowina und Kosovo zu sicheren Herkunftsländern zu erklären, in die die Schutzsuchenden gnadenlos zurückgeschickt werden. Diese Gesetzgebung zielt darauf, die Roma von vorne herein zu diskreditieren, ihr Ersuchen um Schutz und Hilfe als unberechtigt, ja als kriminell zu unterstellen. Dies geschieht trotz zahlreicher Berichte von Betroffenen und von Flüchtlingsorganisationen über Diskriminierung und über die häufige Verweigerung des Menschenrechts auf Bildung, Wohnung, Gesundheitsversorgung und Arbeit.

Dieses Verfahren führt die Arbeit des Rom e. V. und anderer Flüchtlingsorganisationen ad absurdum. Wir führen die Flüchtlingskinder an das deutsche Bildungssystem heran, initiieren Sprachkurse für Frauen, Berufsorientierung für Jugendliche, verschaffen den Menschen Zugang zu medizinischer Betreuung, helfen ihnen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche und müssen dann zusehen, wie die Menschen eiskalt abgeschoben oder zur Ausreise genötigt werden. Selbst schwerwiegende Gründe wie akute Erkrankung, Behinderung, Schwangerschaft und der kommende Winter verhindern die Abschiebung nicht mehr.

Trotz dieser Entmutigungen versuchen wir, vor allem den Kindern, solange sie hier leben dürfen, einen Weg zu bereiten in eine bessere Zukunft. Die Stärkung ihrer Resilienz durch Bildung, Zuwendung und eine verlässliche und anregende Lern- und Erfahrungsumgebung sind erprobte Maßnahmen. Dies ist meilenweit entfernt von dem politischen Anspruch des Vereins; aber unmittelbar sehr hilfreich für jedes einzelne Kind und seine Familie.

Wir freuen uns sehr über diese Medaille und sehen sie durchaus als Anerkennung unserer nunmehr seit über fünfundzwanzig Jahren andauernden ehrenamtlichen Arbeit. Die Ehrung der Staatsministerin steht allerdings im Widerspruch zu innenpolitischen Beschlüssen und der Asylpraxis.

Wir sind daher der festen Überzeugung, dass ein neuer Ansatz in der Flüchtlingspolitik geschaffen werden muss. Die Roma sind kein „Problem“, das außer Landes getrieben werden muss. Sie sind Menschen, bringen eine Menge Potential mit, das sie entwickeln könnten. Es ist humaner und auf lange Sicht billiger, den Menschen durch angemessene Politik und Gesetzgebung echte Chancen auf eine Integration in unserem Land zu ermöglichen, als sie, wie seit Jahrzehnten praktiziert, zu kasernieren, auszugrenzen und zu vertreiben.

 

Die Roma sind die vergessenen Europäer; aber sie sind Europäer mit ALLEN Rechten und Pflichten! Und wir sollten sie endlich auch so behandeln!

 

Köln, 12.11.2014

Rom e.V. Köln – der Vorstand

Der Rom e. V. wurde von der Bundesregierung mit der Integrations-Medaille ausgezeichnet.

By Aktuelles, Presse

Liebe Freundinnen und Freunde des Rom e. V.,
sehr geehrte Damen und Herren,

Am 12. November nahm Simone Treis als 1. Vorsitzende für den Rom e.V. die diesjährige Integrationsmedaille der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Aydan Özoguz, in Empfang.
Zur Festveranstaltung im Bundeskanzleramt waren sechs Mitglieder des Rom e.V. angereist. Wie auch die sieben anderen Preisträgerinnen und Preisträger, drei davon aus Köln, erhielt der Verein die Auszeichnung für seine besonderen Leistungen im Bereich der Ausbildung. Der Kölner Bundestagsabgeordnete Volker Beck, der den Rom e.V. als Preisträger vorgeschlagen hatte, hob hervor, das Vereinsprojekt Amaro Kher eröffne seit Jahren Roma-Flüchtlingskindern Chancen einer geregelten Schulausbildung, die sie sonst nicht hätten. Die systematische Bildungsbenachteiligung von Romakindern in vielen, auch europäischen Ländern werde von Amaro Kher durchbrochen. Die Förderung eröffne den Kindern und ihren Eltern einen anderen Weg als den, den die Mehrheitsgesellschaften immer noch für sie vorzeichne, den ins soziale Abseits. Stattdessen erwerben die Kinder mithilfe von Amaro Kher größere schulische Kompetenz, die es ihnen und ihren Familien auch leichter mache, der sozialen und rassistischen Ausgrenzung entgegenzutreten und die Kinder gestärkt in Regelschulen wechseln zu können.

bundeskanzleramt_verleihung

Der Rom e.V. freut sich über diese Auszeichnung, weil sie nicht nur die Arbeit des Vereins anerkennt, sondern mehr noch respektiert, dass Romafamilien im Projekt Amaro Kher ihre Potentiale sichtbar machen und entwickeln. Die Diskriminierung von Roma, die in den letzten Monaten wieder groteske und gefährliche Züge angenommen hat, pflegt die Vorurteile, diese Menschen seien uninteressiert an oder gar unfähig zur Bildung. Bestenfalls werden ihnen folkloristisch-musikalische Fähigkeiten zugestanden. Die Erfahrungen des Rom e.V. verweisen auf eine ganz andere Wirklichkeit: wenn den Roma der Zugang zur schulischen Ausbildung nicht länger mit der Gewalt der Ressentiments und der sozialen Ausgrenzung versperrt wird, zeigen sich deren umfassende Möglichkeiten, Fertigkeiten und Entwicklungspotentiale genauso wie bei jeder anderen Gruppe.

Damit diese eigentlich selbstverständliche Erkenntnis nicht immer wieder neu unter Beweis gestellt werden muss, tritt der Rom e.V. dafür ein, dass im Rahmen der Inklusion an allen Regelschulen auch die besondere Unterstützung von Flüchtlingskindern Programm wird, was im Rahmen des neuen dezentralen Schulprojekts des Rom e.V. -Amen Ustha – an einigen Schulen im vergangenen August bereits begonnen hat.

 

Brief an die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes NRW

By Aktuelles

An die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes NRW
Frau Sylvia Löhrmann
Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen
Völklinger Straße 49
40221 Düsseldorf

 

Köln, 15.09.2014

Betreff: Abstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat über die sog. sicheren Herkunftsstaaten Serbien, Mazedonien und Bosnien

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,

wir möchten Sie inständig bitten, dafür Sorge zu tragen, dass dem o.g. Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zugestimmt wird. Dies tun wir, weil wir täglich in unserer Beratungsstelle von vielen konkreten Menschenrechtsverletzungen Kenntnis bekommen, denen Roma in diesen Ländern täglich ausgesetzt sind.
Zwar kann man weder im Gesetz noch in den Verfassungen dieser Länder Maßnahmen zur Diskriminierung der Minderheit finden. Aber viele Menschenrechtsorganisationen haben durch Recherchen vor Ort festgestellt, dass Roma seit langem und bis heute vom Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Wohnungsversorgung, Arbeit und von anderer gesellschaftlicher Teilhabe faktisch und umfassend ausgeschlossen sind. Messbar ist die massive Benachteiligung u.a. an der Lebenserwartung, die weit unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung liegt.

Wir bitten Sie, sich darüber in den folgenden Gutachten von Pro Asyl, Amnesty International sowie im Urteil des Verw. – Gerichts Münster vom Juli 2014 zu informieren: Sie finden diese Informationen unter dem Link:

http://www.romev.de/balkan/

Wir bitten Sie auch darum, uns zu informieren, wie Sie zu diesem Gesetzesvorhaben stehen und welche Möglichkeiten Sie sehen, die menschenrechtswidrige faktische Ausgrenzung der Roma in diesen Ländern zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Vorstand des ROM e.V.

Kurt Holl

Roma in einem Bunker voller Rattengift untergebracht

By Aktuelles

Ombudsmann der serbischen Regierung, Sascha Jankovic, erhebt heftige Vorwürfe gegen lokale Behörden:

„Einer Gruppe von Bürgern mit Roma-Herkunft, die aus ihren überschwemmten Häusern in informellen Siedlungen evakuiert wurde, ist nicht die gleiche Hilfe zuteilgeworden, wie anderen von dem Unglück betroffenen Bürgern. Darauf wies der Ombudsmann für Bürgerrechte Saša Janković hin. Die zuständigen Behörden lehnen jedoch die Verantwortung ab.

Eine Gruppe von dreißig Roma, darunter zwanzig Kinder, waren in verschiedenen Räumlichkeiten öffentlicher Behörden und Institutionen untergebracht, von denen keine einzige den hygienischen Anforderungen entspricht. Im Aufnahmezentrum in Dobanovci ist ihnen die Unterkunft aus offen diskriminierendem Gründen verweigert worden, sagt Ombudsmann Saša Janković. Sie wurden schließlich in einen Bunker aus dem Krieg eingewiesen.

„Tage und Nächte haben sie in einem Raum ohne Toilette verbracht, sie hatten keine Möglichkeit sich zu waschen, waren ohne ärztliche oder jede andere Hilfe. In einer Nacht wurden sie nach Dobanovci gebracht, aber dort wurden sie nicht aufgenommen. Auf der Autobahn haben sie stundenlang im Bus gewartet. Am Ende habe sie sie in einen Bunker voller Rattengift gebracht. Ohne Toilette, warmes Wasser oder Abwasserkanal. Im Gesundheitszentrum wollten sie sie nicht untersuchen wie die anderen, die aus Obrenovac kamen, da sie nicht aus dieser Stadt kommen.“ (Sacha Jankovic lt. Radio Slobodna Evropa 30.5.2014)

Der Ombudsmann stellte fest, dass diesen Bürgern mit Roma-Herkunft, einschließlich ihren Kindern, weder medizinischer noch sozialer Schutz noch andere notwendige Unterstützung zu teil wurde, die anderen Bürgern in der Situation besonderer Schutzlosigkeit nach der Evakuierung aus ihren überfluteten Häusern gewährt wurde.

Nach den traumatischen Erlebnissen als die Flut ihre Häuser wegspülte, sind die Roma, die gerademal ihr Leben retten konnten, neuen schlimmen Zuständen ausgesetzt. Sicher sind lokale Behörden angesichts der landesweiten Verwüstungen überfordert, aber offenbar sind Roma-Angehörige diejeningen, für die als letztes und am schlechtesten gesorgt wird. Dazu kommt, dass eine Rückkehr in ihre Dörfer lange nicht möglich ist, weil nicht nur ihre Behausungen, sondern die gesamten Infrastrukturen zerstört sind. Straßen sind durch  Flüsse oder Bergrutsche nicht mehr passierbar, Stadtverwaltung, Schulen mit allen Schulmaterialien, Kindergärten, medizinische Zentren, ihre Felder, Gemüsegärten, Geschäfte und Werkstätten zerstört. Auf einer Pressekonferenz sagte der Ombudsmann heute (Mittw. 4.6.2014).

Roma-Siedlungen verschwanden in der Flut

By Aktuelles

„Es gibt keine Musik mehr,
die Leute weinen nur noch über die Toten, die Alten weinen die ganze Zeit“

(Nachricht aus dem Romaviertel von Obrenovac)

image001Die schlimmste Flutkatastrophe seit 120 Jahren hat in Serbien und Bosnien auch Tausende von Romafamilien
obdachlos gemacht.
Ihre Häuser und Hütten wurden fortgerissen. Ihre Habe wurde weggespült. Noch immer werden Menschen vermisst.
Die geretteten Familien sind zwar oft in öffentlichen Hallen zusammen mit den anderen Flutopfern untergebracht worden,
doch deren Versorgung mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Kindernahrung und Medizin ist prekär. Noch immer stehen
ganze Romasiedlungen, die oft direkt am Flussufer liegen, unter Wasser und sind von der Außenwelt abgeschnitten,
weil Straßen unterspült und Brücken zerstört sind oder Bergrutsche die Wege blockieren. Kadaver von Rindern
und Schweinen treiben im Wasser und erhöhen die Seuchengefahr. Oft sind Familien in höher gelegene Orte geflohen,
andere kampieren unter Eisenbahnbrücken ohne Frischwasser und Nahrung.
Kölner Romafamilien, deren Verwandte in Serbien von der Katastrophe betroffen sind, haben verzweifelte Anrufe erhalten und
baten den Rom e.V. um Hilfe. Wir beschlossen daher einen Hilfstransport zusammenzustellen, der die nötigsten Artikel vor allem in
die Gebiete bringen soll, wo noch keine öffentlichen Unterkünfte und Versorgung bereitstehen.

Wir bitten alle KölnerInnen unseren Hilfsaktion zu unterstützen.

Wir können nur abgepackte Ware in möglichst großen Paketen mitnehmen und zwar aus Hygienevorschriften. Daher brauchen wir
vor allem Geldspenden, um diese kaufen zu können, soweit uns Privatpersonen, Firmen und Geschäfte nicht ausreichend helfen.
Natürlich muss der Transport selbst auch finanziert werden. Bitte fragen Sie auch in Supermärkten und Firmen nach Sachspenden.

Bitte überweisen Sie Ihre Spende auf folgendes Konto und geben Sie im Verwendungszweck das Stichwort “Flut” an.

Empfänger: Verein zur Förderung der Roma in Köln e.V.
IBAN: DE29 3705 0198 0010 4426 22
BIC: COLSDE33XXX
Stadtsparkasse Köln
Darüber hinaus würden Sie uns sehr helfen, wenn Sie diesen Aufruf auch in Ihrem Freudes- und Bekanntenkreis weiterleiten könnten.

Vielen Dank für Ihre / Eure Unterstützung im Voraus!
Kurt Holl
Im Namen des Vorstandes

Aufruf an den Bundestag, den Bundesrat und die Bundesregierung

By Aktuelles

Für die Rechte von Roma-Flüchtlingen – sie haben kein „sicheres Herkunftsland“!
– zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, die Länder Bosnien-Herzegowina, Serbien und
Mazedonien zu „sicheren Herkunftsländern“ zu erklären –
Solange das asylabwehrende, rigide Visaregime gegenüber den Staaten des vormaligen
Jugoslawiens bestand – bis in die Jahre 2009/2010 –, konnten überhaupt nur wenige Flüchtlinge
aus diesen Staaten um Asyl und Schutz in Deutschland nachsuchen. Sie kamen erst gar nicht über
die Grenzen. Mit der Aufhebung der Visumpflicht hat sich dieses geändert. Da man jedoch
diskriminierten und verarmten Roma, die nun die Gelegenheit nutzen, ihrem Elend zu entfliehen, in
Deutschland keinen Schutz gewähren will, sollen die Staaten Bosnien-Herzegowina, Serbien und
Mazedonien kurzerhand zu „sicheren Herkunftsländern“ erklärt werden. Nach der Regierungslogik:
Der Staat, aus dem viele Roma nach Deutschland migrieren, kann nur ein sicherer Herkunftsstaat
sein, denn dann ist es einfacher, Roma dorthin abzuschieben.

Die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen lehnen die vorgeschlagene
Gesetzesänderung ab, da sie den Schutzanspruch insbesondere von Roma-Flüchtlingen aus den
Staaten des vormaligen Jugoslawiens menschenrechtswidrig untergräbt. Den Schutzsuchenden
soll damit auferlegt werden, die generelle staatliche Vermutung zu widerlegen, dass ihr Asylgesuch
„offensichtlich unbegründet“ sei, weil sie aus einem vermeintlich „sicheren Herkunftsstaat“
kommen. Die damit einhergehende Beschleunigung des Asyl- und Abschiebeverfahrens geht allein
zu ihren Lasten. Faktisch wird ihnen damit die Möglichkeit einer gründlichen Prüfung des
Einzelfalls genommen, die bislang in zahlreichen Fällen zu einem Aufenthaltsrecht in Deutschland
geführt hat, obwohl bereits in der gegenwärtigen Asylpraxis Ablehnungen im Schnellverfahren
üblich sind. Zudem werden mit dem Gesetzentwurf die vielfachen existenzbedrohenden
Diskriminierungen und die gewalttätigen Übergriffe, denen viele Roma in den o.g. Ländern
ausgesetzt sind, sowie ihre soziale Verelendung von vornherein als nicht schutzrelevant eingestuft.
Die Bundesregierung gibt die Zahl derjenigen, die im Jahr 2013 aus diesen künftig zu sicheren
Herkunftsstaaten transformierten Ländern Asyl-, Flüchtlings- oder subsidiären Schutz erhalten
haben, mit 60 Fällen an. Hinzu kommen weitere 82 Gerichtsentscheidungen im Jahr 2013, mit
denen Flüchtlingen ebenfalls ein Schutzanspruch zugesprochen wurde. Mehrere Bundesländer
haben die Abschiebungen insbesondere von Roma in Länder des vormaligen Jugoslawiens
zumindest über die Wintermonate ausgesetzt, weil sie von existenzbedrohlichen Gefährdungen
und höchst unsicheren Rückkehrbedingungen ausgingen. Nach der regierungsamtlichen Logik
bleiben diese Sachverhalte jedoch ohne Bedeutung. Betroffen von der geplanten
Gesetzesänderung sind auch viele Kinder, denen in ihren Herkunftsländern schulische Bildung
verweigert wird. Für sie ist eine Zukunft ohne berufliche Arbeit in den Elendsquartieren der Roma-
Siedlungen vorgezeichnet.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zielt allein darauf ab, die unerwünschten Roma möglichst
rasch wieder in ihre Herkunftsstaaten abzuschieben, in denen sie systematisch diskriminiert und in
vielen sozialen Belangen massiv benachteiligt und ausgegrenzt werden. Entgegen allen
Beteuerungen der Bundesregierung, sich für die Roma-Minderheiten einzusetzen, bleibt die
existenzbedrohende Lage von Roma in Südosteuropa ohne Konsequenz.
Aus menschenrechtlicher Sicht und aus tatsächlicher Übernahme von Verantwortung für den
Völkermord an den Sinti und Roma ist der Gesetzesentwurf abzulehnen.
Die Worte von Bundeskanzlerin Merkel zur Einweihung des Denkmals für die im
Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma dürfen nicht folgenlos bleiben. Sie erklärte:
„Menschlichkeit – das bedeutet Anteilnahme, die Fähigkeit und die Bereitschaft, auch mit
den Augen des anderen zu sehen. Sie bedeutet hinzusehen und nicht wegzusehen, wenn
die Würde des Menschen verletzt wird. Davon lebt jegliche Zivilisation, Kultur und
Demokratie. (…) Doch reden wir nicht drumherum: Sinti und Roma leiden auch heute
oftmals unter Ausgrenzung, unter Ablehnung. (…) Sinti und Roma müssen auch heute um
ihre Rechte kämpfen. Deshalb ist es eine deutsche und eine europäische Aufgabe, sie
dabei zu unterstützen, wo auch immer und innerhalb welcher Staatsgrenzen auch immer
sie leben. (…)“
Der Gesetzentwurf widerspricht diesem Bekenntnis der Bundeskanzlerin eklatant. Die
Bundesregierung will nicht hinsehen, wenn die Würde des Menschen verletzt wird. Statt für die
Rechte der Roma jenseits aller Staatsgrenzen zu streiten, werden sie dorthin zurückgeschickt, von
wo sie geflohen sind und wo sie unter Ausgrenzung und Ablehnung leiden.

Köln, den 30. April 2014

Der vom Komitee für Grundrechte und Demokratie initiierte Appell wird von nachfolgenden
Bürgerrechtsorganisationen, Rechtsanwaltsvereinen, Flüchtlingsräten, Sinti- und Roma-Verbänden,
Fachanwältinnen und Fachanwälte sowie zahlreichen öffentlichen Personen unterzeichnet.

Rechtsanwaltsvereine:
Deutscher Anwaltverein e.V., Berlin (DAV)
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V., Berlin (RAV)
Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V., Krefeld (VDJ)

Bürgerrechtsorganisationen:
Humanistische Union e.V., Berlin
Internationale Liga für Menschenrechte, Berlin
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Köln
PRO ASYL – Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V., Frankfurt a.M.

Flüchtlingshilfenetzwerke und -organisationen:
Aktion 3.Welt Saar
Arbeitskreis Flüchtlinge und Asyl der IPPNW
AK Roma-Unterstützer_innen Hamburg
Courage gegen Rassismus e.V., Frankfurt a. M.
Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung, Freiburg
Initiative | SCHLÜSSELMENSCH e.V., Freiburg
Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland, Berlin (JRS)

Sinti- und Roma-Organisationen:
Chachipe e.V.
BundesRomaVerband, Göttingen (BRV)
Rom e.V., Köln
Zentralrat Deutscher Sinti und Roma e.V., Heidelberg

Flüchtlingsräte:
Bayerischer Flüchtlingsrat e.V.
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Flüchtlingsinitiative Bremen e.V.
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Flüchtlingsrat NRW e.V.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V
Fachanwältinnen und Fachanwälte:
Rechtsanwältin Eva Steffen, Aachen
Rechtsanwältin Sigrid H. Töpfer, Hamburg

Weitere Organisationen
Hamburgs aktive Jurastudent_innen (HAJ)
Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.

Einzelpersonen:
Prof. Dr. Klaus J. Bade, Osnabrück
Prof. Dr. Micha Brumlik, Frankfurt a. M.
Prof. Dr. Andreas Buro, Grävenwiesbach
Klaudia Dolk, Ev. Flüchtlingsberatung, Düsseldorf
Dr. Ernst-Ludwig Iskenius (IPPNW), Wittstock
Jürgen Kiefer | Verein für Sozialpsychiatrie gem. e.V., Saarlouis
Daniel Lede Abal, MdL
Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, Berlin
Dr. Gisela Penteker, IPPNW
Prof. Dr. Fanny-Michaela Reisin, Berlin
Prof. Dr. Albert Scherr, Freiburg
Prof. Dr. Nausikaa Schirilla, Freiburg
Irmtraud-Rose Stenzel, Waldkirch im Breisgau
Christoph Tometten, Berlin
Dr. Waltraut Wirtgen, IPPNW, München